Neue Kommunikationsplattform „Bauernrat
Sieben Kommunen der ILE Waginger See–Rupertiwinkel beschließen Pilotprojekt für und mit Landwirten in ihrer Region
In der Vorstandssitzung der ILE Waginger See–Rupertiwinkel wurde am 24. August 2020 beschlossen, einen „Bauernrats“-Prozess für und mit den Landfrauen und Landwirten in der Region zu starten. Der Beschluss wurde von den anwesenden BürgermeisterInnen aus Fridolfing, Kirchanschöring, Petting, Taching am See, Tittmoning, Waging am See und Wonneberg einstimmig gefasst. „Viele Bauern machen sich Sorgen um ihre Existenz und sehen immer weniger Perspektiven, dass auch die nachfolgenden Generationen wirtschaftlich und gleichzeitig naturverbunden arbeiten können.“ Diese oft gehörte Aussage gab den Anstoß für die beteiligten Gemeinden, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen.
„Landwirtschaftliche Betriebe erfüllen neben der Sicherstellung unserer Ernährung und der Pflege unserer Landschaft viele weitere wichtige Dienstleistungs-, Öko- und Ausgleichsfunktionen für unsere Gesellschaft, unsere Natur und die Umwelt“, erklärt ILE-Vorstandssprecher und Bürgermeister von Kirchanschöring Hans-Jörg Birner den Anlass des Pilotprojekts, „gleichzeitig sterben immer mehr Höfe, nachfolgende Generationen sehen zunehmend weniger Perspektiven, wirtschaftlich und zudem naturverbunden zu arbeiten. Wir spüren, dass sich die Landwirte zwischen den Marktansprüchen einerseits und den Ansprüchen der Gesellschaft andererseits zerrieben fühlen, teilweise gibt es eine große Frustration. Genau da wollen wir mit dem „Bauernrat“ ansetzen und eine neue Kommunikationsplattform anbieten. Weil die Bauern für uns als Kommunen zentrale Partner in der Region sind und uns das Wohl und die Zukunftsfähigkeit der Bauernfamilien am Herzen liegen. Wir wollen mit dem Pilotprojekt bei der Bewältigung aktueller Heraus- und Anforderungen unterstützen.“
Der „Bauernrat“, der in jeder der sieben ILE-Kommunen stattfinden und schließlich auf regionaler Ebene zusammengeführt wird, soll den Landwirten ermöglichen, Ideen und Konzepte für die Zusammenarbeit zu entwickeln und ein gemeinsames, landwirtschaftliches Zukunftsbild für ihre Region zu erarbeiten. Damit erhalten sie die Möglichkeit, die Entwicklung im ländlichen Raum entscheidend selbst mitzubestimmen.
Dabei sollen zunächst ausschließlich Landwirte und Landfrauen zukunftsfähige Lösungen und Ansätze für die Landwirtschaft ermitteln. Erst im Verlauf des Projekts werden die Ergebnisse dann auch mit anderen regionalen Akteuren sowie politischen Vertretern diskutiert und weiterentwickelt.
Beginnen soll das Pilotprojekt im November 2020 und sich über insgesamt sechs Monate erstrecken. Natürlich immer unter Berücksichtigung der aktuellen Corona-Situation.
„Uns ist es wichtig, dass mit den Landwirten gesprochen wird – und nicht nur über sie“, begründet Stefanie Lang, Bürgermeisterin von Taching am See, ihr Votum für die Durchführung des Pilotprojekts, „es wäre schön, wenn die Vertreter*Innen der Landwirtschaft die Chance ergreifen und sich aktiv einbringen, ihre Zukunft in und mit der Region zu gestalten. Ganz egal ob es Voll- oder Nebenerwerbsbauern bzw. konventionelle oder ökologische Landwirte sind oder ob sie Viehhaltung haben oder nicht. Es geht darum, aus der Vielfalt das Beste für uns alle zu machen.“ Stefanie Lang wird den Verlauf des Prozesses gemeinsam mit Hans-Jörg Birner auf Bürgermeisterebene begleiten.
Der Prozess, der in den ersten beiden Stufen aus einem zweitägigen „Bauernrat“ sowie einem halbtägigen „Bauern-Café“ besteht, wird von professionellen Moderator*innen begleitet und moderiert. Das freie Fließen der Gedanken, das Entwickeln von Ideen und auch kritische Anmerkungen sind in diesem Format überaus willkommen.
Für die erste Stufe, den zweitägigen „Bauernrat“, werden bis zu 16 Landwirte in jeder Kommune zufällig ausgewählt und persönlich eingeladen. Dieses Gremium hat während der zwei Tage die Gelegenheit zu sagen, welche Inhalte und Ideen ihnen ein besonderes Anliegen sind, was sie aktuell für gut befinden, wo sie Verbesserungsbedarf sehen und in welche Richtung sich die Landwirtschaft der Zukunft in ihrer Region entwickeln sollte. Hier sind die Landwirte wirklich unter sich, ohne Bürgermeister, ohne Gemeinderäte und ohne Verbandsvertreter.
Am weiterführenden „Bauern-Café“ können dann alle interessierten Landfrauen und Landwirte in jeder der sieben Kommunen teilnehmen, die sich für die Gestaltung der landwirtschaftlichen Zukunft in ihrer Gemeinde interessieren, sich dafür engagieren und daran mitwirken möchten. Auf der halbtägigen Veranstaltung werden die Ideen und Konzepte des Rates dann allen lokalen Landwirten vorgestellt, diskutiert und gemeinsam weiterentwickelt. Die Bekanntgabe der Termine sowie das Anmeldeprozedere erfolgt über die jeweilige beteiligte ILE-Gemeinde.
Moderatorin Tanja Schnetzer vom Büro SCHNETZER|RUTHMANN in Prien am Chiemsee begleitet diesen „Bauernrats“-Prozess als Projektleiterin. „Ich freue mich sehr auf die Arbeit mit den Landfrauen und Landwirten. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie sich die Menschen durch die dynamische Moderation mit sich selbst, ihren Anliegen und Wünschen und dann mit der gesamten Gruppe verbinden“, beschreibt Tanja Schnetzer die Wirkung dieses Prozesses, „dadurch können ein Miteinander und eine Intensität entstehen, die in herkömmlichen Diskussionen nicht möglich sind.“ Die dynamische Moderation ist eine der besten Methoden, um in unserer Gesellschaft, in Unternehmen, Organisationen und auch in Kommunen den Wandel zu begleiten und im Miteinander zukunftsorientierte, tragfähige Lösungen zu erarbeiten. Die Weisheit der Vielen wird durch die spezielle Moderationsform aktiviert und in der Tiefe zugänglich gemacht.
Gefördert wird der Prozess als gesamtbayerisches Pilotprojekt mit 90% durch die Bayerische Verwaltung für Ländliche Entwicklung. „Wir begrüßen die Initiative der ILE Waginger See–Rupertiwinkel und die Implementierung dieser Kommunikationsplattform sehr. Es wäre wünschenswert, wenn die Landfrauen und -wirte offen in diesen Prozess gehen und Freude daran haben, Ideen für ihre Zukunft zu entwickeln und so den weiteren Weg selbst mitzubestimmen“, so die beiden Vertreterinnen der Verwaltung Beatrix Drago und Ursula Mesch. „Wir sind davon überzeugt, dass mit dieser Form der Kommunikation wertvolle Impulse zur nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums dazu gewonnen werden.“
Im weiteren Verlauf des Projektes sind dann eine Zusammenführung der kommunalen Ergebnisse in einem regionalen Bauernkonvent, die Präsentation der Ansätze sowie der Austausch dazu mit politischen Vertretern geplant. „Wir stellen damit sicher, dass der „Bauernrats“-Prozess keine Einzelmaßnahme bleibt, sondern in die Gesamtstrategie der ILE eingebettet ist“, fasst Hans-Jörg Birner zusammen, „alle Maßnahmen und Aktivitäten sowie entstandene Vernetzungen der regionalen Akteure sollen langfristig in unserer Region verankert werden.“
Kontakt Tanja Schnetzer SCHNETZER|RUTHMANN GbR, Ganzheitliches Zukunftsmanagement www.schnetzer-ruthmann.de Fon +49 8051 96 57 555 Mail ts@schnetzer-ruthmann.de
Film: Landwirtschaft der Zukunft - ILE Zukunftsregion Rupertiwinkel